Im Mercedes-Abgasskandal stellt sich aktuell oft die Frage: „Ist mein Modell eventuell vom Mercedes-Abgasskandal betroffen?“ Rechtsanwalt Gerrit W. Hartung hat sich auf die Suche nach Antworten begeben.
Besitzer von Mercedes-Fahrzeugen lesen in diesen Tagen sorgfältig die Fachpresse. Zwar hat das Bundesverkehrsministerium Untersuchungen gegen Daimler bestätigt und damit den „Skandal“ mehr oder weniger öffentlich gemacht. Um was es aber genau geht müssen sich interessierte Autofahrer aber zwischen den Zeilen der vielen Veröffentlichungen herauslesen. Mercedes selbst hält sich mit detaillierten Veröffentlichungen aus verständlichen Gründen zurück. Es wurde lediglich eine kurze Pressemitteilung veröffentlicht.
Rechtsanwalt Gerrit W. Hartung hat sich im Blätterwald umgesehen: „Es wird wohl um die Vorrichtung zur Abschaltung der Harnstoff-Einspritzung bei den BlueTec-Modellen gehen.“ Daimler dementiert das und droht dem Kraftfahrtbundesamt mit rechtlichen Konsequenzen. Laut Daimler gibt es keine unzulässigen manipulationen der Harnstoff-Einspritzung im offiziellen Prüfmodus. Die Verdächtigungen des Verkehrsministeriums deuten allerdings an, dass die Harnstoffeinspritzung im Alltagsbetrieb deutlich anders geregelt wird als im Testmodus.
Diese Hinweise deuten darauf hin, dass bei den Fahrzeugen die Harnstoff-Einspritzung des Abgassystems verändert wird, wenn der Wagen im offiziellen Prüfmodus fährt – tatsächlich auf der Straße unterwegs würde es andere Ergebnisse geben. Dadurch wird im Realbetrieb mehr Schadstoff ausgestoßen als im Prüfbetrieb. Mit Nachdruck streitet Daimler ab, dass eine Rückrufaktion im Raum stehe.
Wir zitieren mal die offizielle Pressemitteilung:
„Die gestrige Besprechung im Verkehrsministerium war für uns die Fortsetzung unseres konstruktiven Dialogs mit dem KBA. (…)
Uns wurde im Gespräch nicht mit einer Rückrufaktion gedroht. Darüber hinaus arbeiten wir in Abstimmung mit den Behörden intensiv an Maßnahmen, um die NOx-Emissionen bei Euro 5 und Euro 6 Fahrzeugen weiter zu reduzieren. Dabei stehen die Interessen unserer Kunden an erster Stelle. Die Regulierung der Abgasreinigung ist eine technisch und rechtlich hochkomplexe Frage. Auf Basis der uns vorliegenden Informationen würden wir gegen den Vorwurf einer illegalen Abschalteinrichtung durch das Kraftfahrtbundesamt mit allen rechtlichen Mitteln vorgehen.“
Dazu Rechtsanwalt Hartung: „Es wird mit großer Wahrscheinlichkeit um Modelle gehen, die von Motoren aus den Motorenfamilien OM 642 und OM 651 angetrieben werden. Für eine kaufrechtliche Rückabwicklung des Kaufvertrages aufgrund nicht abstellbarer Mängel gibt es aktuell noch nicht genügend Erkenntnisse. Dazu muss eine Rückrufaktion angeordnet werden.“
Allerdings rät der Mönchengladbacher Rechtsanwalt dazu, schon jetzt Widerrufsmöglichkeiten auf Basis fehlerhafter Widerrufsbelehrung zu prüfen: „Wenn Fahrzeuge über die Mercedes-Bank finanziert wurden, dann besteht in solchen Fällen ein Rückgabe-Anspruch, auch wenn das Auto nicht oder noch nicht in den Abgasskandal verwickelt ist.“ Klartext: Das gilt für alle Mercedes-Modelle, die ab Juni 2010 von der Mercedes-Bank finanziert wurden.