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Außerordentliche Kündigung wegen Äußerung in Chatgruppe

Fachbeitrag im

Außerordentliche Kündigung wegen Äußerungen in einer WhatsApp-Chatgruppe

Das Bundesarbeitsgericht hat in einer richtungsweisenden Entscheidung deutlich gemacht, dass ein Arbeitgeber einen Arbeitnehmer außerordentlich kündigen kann, wenn dieser sich in einem privaten WhatsApp-Chat mit Kollegen beleidigend und menschenverachtend über Vorgesetzte und Kollegen äußert.

Gemäß dem Urteil (BAG, 24.08.2023 – 2 AZR 17/23) bleibt der Chat nur in Ausnahmefällen vertraulich.

Diese Grundsatzentscheidung hebt die Bedeutung von respektvollem Verhalten auch in privaten Kommunikationskanälen hervor und zeigt die möglichen arbeitsrechtlichen Konsequenzen bei Verstößen auf.

Der Sachverhalt.

Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) fußt auf folgendem Sachverhalt: Ein langjähriger Mitarbeiter war Mitglied einer privaten WhatsApp-Chatgruppe mit Kollegen, die teils langanhaltende Freundschaften und familiäre Bindungen umfasste. In dieser Gruppe wurden neben privaten Themen auch beleidigende und menschenverachtende Kommentare über Vorgesetzte und Kollegen verbreitet. Der Arbeitnehmer äußerte sich unter anderem mit Aussagen wie „Der Pole ist der Schlimmste“, „Alle aufknüpfen den Polen zuerst“, „neues Opfer für den Grabscher von Bosporus Frau A.“, „zionistische Herrscherlobby“, „Und die Neeger kommen“ und „der soll seine Fresse halten, sonst läuft bald ‚spiel mir das Lied vom Tod‘ noch mal im Kino in D.“

Sobald der Arbeitgeber von diesen Äußerungen erfahren hatte, kündigte er das Arbeitsverhältnis außerordentlich und fristlos. Der betroffene Arbeitnehmer erhob daraufhin Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht.

Entscheidung der vorhergehenden Instanzen

Die Vorinstanzen, zuletzt das Landesarbeitsgericht Niedersachsen (Urteil vom 19.12.2022 – 15 Sa 284/22), haben zugunsten des Arbeitnehmers entschieden. Die Gerichte kamen zu dem Schluss, dass die Äußerungen in der WhatsApp-Chatgruppe in einem Umfeld getätigt wurden, in dem der Arbeitnehmer auf Vertraulichkeit vertrauen durfte. Nach Auffassung der Gerichte überstieg diese Erwartung an die Vertraulichkeit das Interesse der durch die Äußerungen beleidigten Kollegen.

Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts durch mich als Rechtsanwalt.

Das Bundesarbeitsgericht entschied anders und gab der Revision des Arbeitgebers statt, wodurch die außerordentliche Kündigung als gerechtfertigt angesehen wurde. Die Vorinstanz hatte fälschlicherweise angenommen, dass der Kläger berechtigterweise auf die Vertraulichkeit seiner Äußerungen vertrauen konnte. Laut Bundesarbeitsgericht besteht eine solche Vertraulichkeitserwartung nur, wenn die Mitglieder der Chatgruppe einen besonderen Schutz ihrer Kommunikation beanspruchen können, was vom Inhalt der Nachrichten und der Struktur der Chatgruppe abhängt. Bei Nachrichten, die beleidigende Bemerkungen über Betriebsangehörige enthalten, muss der Arbeitnehmer darlegen, warum er glaubte, dass diese Informationen nicht an Dritte weitergegeben werden.

Das Bundesarbeitsgericht wies die Angelegenheit an das Landesarbeitsgericht zurück, um dem Arbeitnehmer die Gelegenheit zu geben, zu erläutern, warum er aufgrund der Größe und Zusammensetzung der Chatgruppe sowie der unterschiedlichen Beteiligung der Gruppenmitglieder im Chat und der Nutzung eines schnelllebigen Chats eine Erwartung auf Vertraulichkeit hatte.

Folgen und Bewertung der Entscheidung

Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts verdeutlicht, dass private Chats auf Plattformen wie WhatsApp erhebliche berufliche Folgen nach sich ziehen können. Arbeitnehmer sollten sich darüber im Klaren sein, dass selbst in privaten Gruppen Inhalte an Dritte, einschließlich des Arbeitgebers, weitergeleitet werden können. Die Vorstellung, dass Vertraulichkeit vor arbeitsrechtlichen Konsequenzen wie einer Kündigung schützt, ist nicht selbstverständlich.

Für Arbeitgeber bedeutet die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts eine geringere Hürde beim Vorgehen gegen gravierende, insbesondere beleidigende und menschenverachtende Äußerungen innerhalb der Belegschaft. Diese Klarstellung ist von Bedeutung, da das BAG in seinem Urteil vom 10. Dezember 2009 (2 AZR 534/08) noch feststellte, dass Arbeitnehmer regelmäßig darauf vertrauen dürfen, dass ehrverletzende Äußerungen über Vorgesetzte und Kollegen nicht nach außen gelangen.

Die aktuelle Entscheidung hebt die Relevanz des Inhalts der Äußerungen hervor. Bei besonders schwerwiegenden Aussagen kann ein Arbeitnehmer nicht ohne weiteres auf Vertraulichkeit bauen. In einer Zeit, in der die Grenzen zwischen Beruflichem und Privatem zunehmend verschwimmen, ist es entscheidend, sich der möglichen Konsequenzen bewusst zu sein. Dieses Urteil des Bundesarbeitsgerichts betont diese Realität eindrücklich.

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